Sommerliche Temperaturen und weggefallene Coronabeschränkungen sorgen derzeit in den Innenstädten für starken Kundenzulauf in den Geschäften. Bei ZARA herrscht enormer Trubel auf der Verkaufsfläche und man ist dringend auf Personal angewiesen – auf viel Personal.
Es ist kein Geheimnis, dass ZARA mittlerweile kaum noch ausreichend Verkäufer*innen rekrutieren kann, doch woran liegt das? Unabhängig von den Auswirkunken der Coronapandemie gibt es weitere Gründe, die hierfür in Betracht kommen. Sind es die Arbeitsbedingungen, die flexiblen Arbeitszeiten, oder ist es das schlechte Image als Arbeitgeber, was dafür sorgt, dass es nur noch wenig Bewerber*innen gibt? Wir schildern im Folgendem, wie man bei ZARA mit neuen Arbeitnehmern umgeht, was eine Antwort auf diese Fragen geben kann.
In der Filiale der Münchner Theatinerstr. besteht zusätzlich zum Manteltarifvertrag eine gültige Betriebsvereinbarung, aus der klar hervorgeht, dass Arbeitnehmer in einer Doppelwoche nicht mehr als fünf Spätschichten arbeiten dürfen. Ebenso ist geregelt, dass jeder Beschäftigte mindestens 17 Samstage im Kalenderjahr frei bekommt. Entgegen diesen Vorgaben arbeiten jedoch nahezu alle neuen Angestellten in dieser Filiale komplett flexibel (hauptsächlich Spätschichten) und bekommen keinen einzigen Samstag im Jahr frei. Wie kann das sein?
Dubiose Klauseln im Arbeitsvertrag
In den neuen Arbeitsverträgen werden zusätzliche Klauseln eingefügt. Unter anderem heißt es:
„Der Mitarbeiter erklärt sich hiermit bereit, dass er in Kenntnis der Regelung § 3 Ziffer 4.2. Manteltarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel, von Montag bis freitags häufiger als fünfmal pro Doppelwoche nach 18:30 Uhr arbeitet. (…)“
Der Mitarbeiter erklärt sich hiermit bereit, dass er in Kenntnis der Regelung § 3 Ziffer 4.2. Manteltarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel und § 17 Abs. 4 LadSchlG an jedem Samstag arbeitet. (…)
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass die Arbeitsleistung regelmäßig in der Spätschicht an Samstagen zu erbringen ist. Der Arbeitgeber behält sich vor, dem Arbeitnehmer bei betriebliche, Bedarf auch in der Zeit von Montag bis Freitag flexibel in Früh- und Spätschicht einzusetzen. (…)“
Filialleiter Francesco F. gibt Verfügbarkeiten vor
Alle Bewerber müssen bei der Übergabe des Arbeitsvertrages ein Formular unterschreiben. Dieses Formular besagt, dass der Bewerber freiwillig immer flexibel bzw. ausschließlich Spätschichten und immer samstags arbeiten möchte. Auffällig ist, dass bei allen Bewerbern die Eintragungen das gleiche Schriftbild aufweisen, und lediglich das Datum und Unterschrift variieren. Offensichtlich wurden die Verfügbarkeiten von Francesco F., dem Filialleiter selber eingetragen und bei jedem neuen Bewerber einfach kopiert, damit dieser seine Verfügbarkeiten nicht selber angeben kann. Dem Betriebsrat liegen derzeit über 20 auf dieser Weise ausgefüllten Formulare vor.
Francesco F. behauptet, dass die neuen Mitarbeiter diese Formulare allesamt freiwillig unterschrieben hätten. Nun drängt sich die Frage auf, wie „freiwillig“ Unterschriften tatsächlich geleistet werden können, wenn diese de facto Voraussetzung sind, um den neuen Job überhaupt erst zu erhalten.
Vornehmlich Mitarbeiter betroffen, die nur über unzureichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen
Bei persönlichen Gesprächen mit dem örtlichen Betriebsrat stellte sich heraus, dass viele Bewerber überhaupt nicht wussten was sie unterschreiben mussten, und was das für sie bedeutet.
Pikant ist, dass vornehmlich Mitarbeiter betroffen sind, die nur über unzureichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Sie sind schlichtweg nicht in der Lage, den aus mehreren Seiten bestehenden Arbeitsvertrag zu verstehen – und sind auf die Erläuterungen des Filialdirektors angewiesen.
Jeden Tag Spätschichten und samstags immer durcharbeiten – welcher Mensch mit einem Privatleben kann dies über einen längeren Zeitraum durchhalten? In der Filiale der Münchner Theatinerstr. wurde seit dem letzten Jahr 2/3 der gesamten Belegschaft ausgetauscht. Die Fluktuation hat ein absurdes Ausmaß erreicht, ebenso werden seit Februar täglich über 15 bis manchmal fast 30 Leiharbeiter eingesetzt. Faktoren, die eine deutliche Sprache sprechen: Niemand hält es bei ZARA lange aus. In Anbetracht der geschilderten Vorgehensweise bei neuen Bewerbern ist dies nicht weiter verwunderlich, weshalb chronischer Personalmangel bei ZARA besteht. Es ist Zeit, dass ein Umdenken in der Unternehmenskultur stattfindet.
Derzeit klärt der örtliche Betriebsrat neue Bewerber über ihre Verfügbarkeiten auf und wird gegen die genannten Praktiken des Filialleiters Francesco C. vorgehen. An dieser Stelle müssen wir darauf hinweisen, dass lediglich ver.di-Mitglieder ein Anrecht auf die Durchsetzung ihrer Rechte haben, welche sich aus dem gültigen Manteltarifvertrag ergeben.
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