Freitag, 26. Juni 2020

Zara: Jeder 4. Store schließt!





Der Corona-Lockdown hinterlässt weltweit verheerende Spuren im stationären Handel. Um 44,1% auf 3,3 Mrd. Euro ist der Umsatz bei Inditex im ersten Quartal eingebrochen. Während man im Vorjahr noch einen Nettogewinn von 734 Mio. Euro erzielen konnte, machte man im letzten Quartal einen Verlust von 409 Mio. Euro. Allerdings verfügt der Konzern weiterhin über Netto-Bar-Reserven von 5,8 Mrd. Euro.


Kräftiges Umsatzplus für den Onlinestore dank Corona

Nun zieht auch Inditex/Zara Konsequenzen und gab erstmals konkrete Zahlen an. Weltweit werden 1.200 Filialen innerhalb der nächsten zwei Jahre geschlossen. Man hält an der Strategie fest, dass man zukünftig weniger, aber dafür noch größere Stores haben möchte. Diese sollen dann auch verstärkt dazu genutzt werden, Pakete für den Online Store zu kommissionieren und zu versenden. Denn der Lockdown hatte für Zara trotz allem auch einen positiven Nebeneffekt: Der Onlineshop machte im ersten Quartal ein kräftiges Umsatzplus von 50% gegenüber dem Vorjahr, im April stiegen die Verkäufe verglichen zum Vorjahr um 95%!

Das ist genau das, worauf die Geschäftsleitung die ganze Zeit hingearbeitet hat - zuletzt wurde den Kollegen*innen in den Filialen immer wieder vermittelt, dass sie Onlineverkäufe aktiv fördern und anbieten. Artikel sollten mithilfe von Ipods direkt für den Kunden online geordert werden. Teilweise gab es sogar interne Ranglisten, welche Mitarbeiter derzeit am meisten Onlinebestellungen erreicht hatten. 


Der Lockdown hat dazu geführt, dass die schon zuvor festgelegt Strategie von Inditex letztendlich nur noch beschleunigt wurde: Weniger Stores und mehr Fokus auf Onlineverkäufe. 1 Mrd. Euro als Investition für den Onlineshop wurden von Pablo Isla, Executive Chairman im Juni hierfür freigegeben.

 

Aus für jede vierte Zara-Filiale

Was bedeutet das für die Kollegen*innen in den deutschen Zara Stores? Fest steht: von den derzeit ca. 70 Filialen wird ca. jede 4. innerhalb der nächsten zwei Jahre schließen. Erstes Opfer dieses Kahlschlags ist der Store in Bremen, welcher Anfang 2021 geschlossen wird. Dieses teilte die Geschäftsführung den Betriebsräten kürzlich mit. Man betonte vorsorglich, dass die Entscheidung nicht im Zusammenhang mit der derzeitigen Corona-Situation stehen würde, diversen Medienberichten sind allerdings gegenteilige Informationen zu entnehmen.

 

„Wenn ihr weiterhin aktiv bleibt, ziehen wir euch den Stecker raus!“

Wie ist die derzeitige Situation in München? Nach der Schließung des Stores der Kaufingerstr. betreibt Zara derzeit noch 5 Filialen in der Neuhauserstr., Theatinerstr., Leopoldstr., Riem Arcaden und im Olympia Einkaufszentrum. Seit Jahren halten sich hartnäckige Gerüchte um das Aus für die Leopoldstr. - trotz mehrfacher Anfragen des örtlichen Betriebsrats schweigt die Geschäftsführung zu diesem Thema. Allerdings lässt ein Satz aufhorchen, den die Personalreferentin in mehreren Monatsgesprächen zum Besten gab. Hier wurde versucht den Betriebsrat konkret mit Aussagen wie „Wenn ihr weiterhin aktiv bleibt, ziehen wir euch den Stecker raus!“ einzuschüchtern. Umsatzzahlen und ein enormer Renovierungsstau, sowie die desaströsen Zustände von Mobiliar und Inneneinrichtung sprechen zusätzlich für ein baldiges Ende der Leopoldstr.- es wird nichts mehr in diesen Standort investiert.

Zara lässt sich nur ungern in die Karten schauen. Wenn eine Filialschließung ansteht, werden Betriebsräte wenige Monate zuvor schriftlich informiert. Auf Fragen zu bevorstehenden Schließungen geht man gar nicht erst ein. Somit ist die Zukunft aller Münchner Filialen ungewiss.


Möglicher Umzug zum Marienplatz oder in das derzeitige Sport Scheck-Gebäude

Seit Jahren ist bekannt, dass Zara um das derzeitige Sport Scheck-Gebäude verhandelt. Durch die bevorstehende Schließung des naheliegenden Karstadt Sports Stores ist es sehr wahrscheinlich, dass Sport Scheck sich verkleinern und in die ehemaligen Räumlichkeiten von Karstadt Sports ziehen wird. Denn seit März gehören Karstadt Sports und Sport Scheck dem gleichen Unternehmen Signa Retail - das Filialnetz wird auch hier massiv ausgedünnt.

Eine andere Option besteht darüber hinaus direkt am Marienplatz: Das Traditionssportgeschäft Münzinger wird seinen Store im Rathaus zum Jahresende schließen. Dieser Prestigestandort mit passender Quadratmeterzahl stellt sicherlich auch eine durchaus denkbare Option für einen zukünftigen Zara-Store dar. Den Zara-Mitarbeitern wird leider nichts anderes übrig bleiben, als abzuwarten, wie sich das Chaos rund um die Münchner Immobilien in der Innenstadt in den nächsten Monate entwickelt. Ausser Zweifel ist leider nur eine traurige Tatsache: die fünf derzeitigen Münchner Zara-Stores wird es in der jetzigen Form bald nicht mehr geben!





Quellen:

Textilwirtschaft: Bis zu 1200 kleinere Läden sollen schließen - Inditex investiert 1 Mrd. Euro ins Online-Geschäft

bild.de: Karstadt Sports mit 70 Mitarbeitern macht dicht „Wir wollten helfen, jetzt werden wir gefeuert!“

sueddeutsche.de: Sport Münzinger schließt Ende des Jahres

Weser Kurier: Zara schließt Filiale in der Bremer Innenstadt

rtl.de: Jetzt hat es auch Zara erwischt: Mutterkonzern Inditex muss bis zu 1.200 Filialen schließen

merkur.de: Mehr als tausend Zara-Filialen vor dem Aus? - Mutterkonzern rutscht ins Minus und reagiert drastisch







Mittwoch, 17. Juni 2020

Zara: So werden Kranke und Mütter während der Kurzarbeit drangsaliert



Zara und Corona - in den vergangenen Monaten blieb es relativ ruhig um den spanischen Arbeitgeber. Den meisten Zara-Beschäftigten in Deutschland erging es vergleichsweise gut zu ihren Kollegen*innen im derzeitigen Einzelhandel: Man einigte sich mit Betriebsräten und stockte freiwillig das Kurzarbeitergeld auf 100% auf. Eine solidarische und richtige Entscheidung, worüber sich die Beschäftigten sehr gefreut haben und die wir an dieser Stelle noch einmal anerkennen möchten.

Mit den ersten Lockerungen nach dem Lockdown und den damit verbundenen Ladenöffnungen verhielt sich der Modekonzern allerdings so, wie man es seit jeher kennt. Betriebsräte wurden nur soweit informiert und einbezogen, damit die Ladenöffnungen schnell durchgesetzt werden konnten. Sobald dies erfolgt war, hielt man sich nicht mehr an zuvor getroffene Absprachen.

 

Hygieneverstöße: Keine Einlassbegrenzungen in Zara-Store

Die im Vorfeld mit Betriebsräten getroffenen Absprachen zu vereinbarten Hygienekonzepten werden nicht eingehalten, bzw. setzt Zara genau das Gegenteil davon in der Praxis um. So wurde in der Münchner Filiale der Theatinerstr. beobachtet, dass an mehreren Tagen, wo vermeintlich keine Mitglieder des Betriebsrats vor Ort waren, Menschen ohne jegliche Begrenzung in die Filiale strömen konnten. Die bizarre Erklärung der Verantwortlichen: Der Doorman hätte „vergessen“ die Kunden*innen zu zählen! Gemäß aktueller bayrischer Verfügung sind 80 Personen für diese Filiale zugelassen, an einem Tag wurde festgestellt, dass sich über 200 Kunden gleichzeitig im Store befanden!

 

Foto: Erol Gurian
Hier geht es zum ver.di-Publik-Artikel: „Kundenservice auf Kosten der Gesundheit“ O-Ton - Chris Berhorst, 37, Betriebsratsmitglied Zara München


Zara-Führungskräfte wollten unter allen Umständen die Anproben öffnen, zuvor wurde hierzu mit Betriebsräten vereinbart, dass hierfür keine Beschäftigten an der Anprobe stehen werden, da Mindestabstände nicht eingehalten werden können und aus diesem Grund Rücksicht auf die Gesundheit der Angestellten genommen werden muss. Im Nachhinein war zu beobachten, wie gleich zwei Kollegen*innen an der Anprobe stehen, und die von Kunden*innen anprobierten Kleidungsstücke abdampfen mussten! Ein dermaßen dreistes Verhalten zeigt, wie beim spanischen Moderiesen Prioritäten gesteckt sind: Umsatz wird über Gesundheit von Kunden und Belegschaft gestellt, auch kann hier keine Rede mehr von Missverständnissen sein - Betriebsräte werden vorsätzlich getäuscht. 
Seit Kurzem wird der Großteil der Beschäftigten wieder nach den üblichen Wochenplänen eingeteilt. In einer internen E-Mail von Anfang Mai wurde Betriebsräten noch folgendes noch von der Personalreferentin zugesagt:

„- Was ist mit Müttern die gezwungenerweise wegen ihren Kindern zuhause bleiben müssen?

=> die würden wir entweder weiterhin in Kurzarbeit lassen oder sie mit Ü-frei planen, wenn sie noch Überstunden haben und gar nicht oder nur teilweise arbeiten können, aber nicht in Kurzarbeit gehen möchten

- Was ist mit Risikogruppen ?

=> hier gilt das gleiche wie mit den Müttern.“



Mütter wurden über WhatsApp belästigt

In der Praxis sah es allerdings etwas anders aus: Betriebsräte wurden von Müttern informiert, dass diese von Vorgesetzten permanent mit Anrufen und zahlreichen WhatsApp-Nachrichten konfroniert wurden. Man akzeptiert nicht, dass die Kinderbetreuung nicht gewährleistet wird, da Kitas in Bayern coronabedingt (außer in der Notbetreuung) keine Kinder annahmen.

Im Klartext bedeutet das, dass junge Mütter tatsächlich gefragt werden, ob sie denn keine Verwandten hätten, die auf die Kinder aufpassen können. Hierbei schreckte man auch nicht davor zurück, dass explizit vorgeschlagen wurde, ob die Eltern, oder Schwiegereltern die Kinderbetreuung übernehmen können - es handelt sich hierbei genau um die Risikogruppen, die während des Lockdowns besonders geschützt werden sollten! Desweiteren wurde von Müttern verlangt, dass sie eine Bestätigung vom Arbeitgeber des Lebenspartners vorlegen sollen, aus der hervorgeht, dass dieser nicht die Betreuung der Kinder übernehmen kann.

 

Kranken Mitarbeitern wurde kein Lohn ausbezahlt

Nicht zum ersten Mal ist auffällig, wie Zara mit kranken Mitarbeitern umgeht: Eine Kollegin meldete sich nach monatelanger Krankheit schriftlich bei allen Vorgesetzten und teilte mit, dass keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorliegt. Daraufhin erhielt sie eine Art Begrüßungsmail zurück. In den darauffolgenden Wochen wurde sie von Managern nicht für die Arbeit eingeteilt. Da sie zur Risikogruppe in Bezug auf Corona zählt, verwundert dies nicht. Zara wollte auf diese Menschen Rücksicht nehmen - so wurde es zumindest in der zuvor zitierten E-Mail gegenüber Betriebsräten versprochen. 

Die Realität sieht leider anders aus: Besagter Kollegin wurde für den kompletten Monat Mai kein Lohn ausbezahlt, da sie für den ganzen Monat als unentschuldigt eingetragen wurde. Auf Nachfrage wurde ihr mitgeteilt, dass das so richtig sei, da sie sich ja schließlich nicht mehr gemeldet hätte (!).

Wir möchten an dieser Stelle klarstellen, dass viele Kollegen*innen während des Lockdowns nicht eingeplant wurden, da man schlichtweg gar nicht alle Beschäftigten aufgrund der strengen Regelungen einteilen konnte - alle bekamen ihren Regellohn. Wie hier mit einer Kollegin verfahren wird, entbehrt sich jeglichen moralischen Anstand und grenzt schon an Mobbing.

Üblich wäre gewesen, dass man sich nach monatelanger Krankheit als Erstes vernünftig zusammensetzt, und bespricht, was man als Arbeitgeber dazu beitragen kann, dass es der Kollegin gesundheitlich wieder besser geht. Zara unternimmt das genaue Gegenteil und sorgt dafür, dass sie aufgrund des ausbleibenden Lohns nicht weiß, wovon sie ihre Miete bezahlen soll. Die Fürsorgepflicht wird komplett ignoriert, es macht für uns eher den Anschein, dass man mit derartigen Aktionen kranke Menschen dazu drängen möchte, dass diese freiwillig ihren Job kündigen, anstatt dass man sich mit ihnen ernsthaft auseinandersetzt.



Absprachen wurden nach Öffnung der Läden nicht mehr eingehalten


Ein dermaßen unmenschliches Verhalten Zaras seinen Angestellten gegenüber ist in höchstem Maße inakzeptabel und wird sicherlich nicht ohne Konsequenzen bleiben. Man kann den Betroffenen nur raten, sich rechtlich beraten zu lassen und hiergegen vorzugehen. 

Die genannten Beispiele zeigen auch, dass man bei Zara Betriebsräte weder respektiert, noch mit diesen ernsthaft zusammenarbeiten möchte. Zuvor getroffene Vereinbarungen sollten seitens der Führungskräfte lediglich dafür sorgen, dass örtliche Betriebsräte sprichwörtlich die Füße stillhalten, damit die Läden ohne Probleme in Corona-Zeiten wieder schnell geöffnet werden konnten - sobald die Stores offen waren, hält man sich seitens Zara nicht mehr an zuvor getroffene Vereinbarungen und Absprachen.