Mittwoch, 17. Juni 2020

Zara: So werden Kranke und Mütter während der Kurzarbeit drangsaliert



Zara und Corona - in den vergangenen Monaten blieb es relativ ruhig um den spanischen Arbeitgeber. Den meisten Zara-Beschäftigten in Deutschland erging es vergleichsweise gut zu ihren Kollegen*innen im derzeitigen Einzelhandel: Man einigte sich mit Betriebsräten und stockte freiwillig das Kurzarbeitergeld auf 100% auf. Eine solidarische und richtige Entscheidung, worüber sich die Beschäftigten sehr gefreut haben und die wir an dieser Stelle noch einmal anerkennen möchten.

Mit den ersten Lockerungen nach dem Lockdown und den damit verbundenen Ladenöffnungen verhielt sich der Modekonzern allerdings so, wie man es seit jeher kennt. Betriebsräte wurden nur soweit informiert und einbezogen, damit die Ladenöffnungen schnell durchgesetzt werden konnten. Sobald dies erfolgt war, hielt man sich nicht mehr an zuvor getroffene Absprachen.

 

Hygieneverstöße: Keine Einlassbegrenzungen in Zara-Store

Die im Vorfeld mit Betriebsräten getroffenen Absprachen zu vereinbarten Hygienekonzepten werden nicht eingehalten, bzw. setzt Zara genau das Gegenteil davon in der Praxis um. So wurde in der Münchner Filiale der Theatinerstr. beobachtet, dass an mehreren Tagen, wo vermeintlich keine Mitglieder des Betriebsrats vor Ort waren, Menschen ohne jegliche Begrenzung in die Filiale strömen konnten. Die bizarre Erklärung der Verantwortlichen: Der Doorman hätte „vergessen“ die Kunden*innen zu zählen! Gemäß aktueller bayrischer Verfügung sind 80 Personen für diese Filiale zugelassen, an einem Tag wurde festgestellt, dass sich über 200 Kunden gleichzeitig im Store befanden!

 

Foto: Erol Gurian
Hier geht es zum ver.di-Publik-Artikel: „Kundenservice auf Kosten der Gesundheit“ O-Ton - Chris Berhorst, 37, Betriebsratsmitglied Zara München


Zara-Führungskräfte wollten unter allen Umständen die Anproben öffnen, zuvor wurde hierzu mit Betriebsräten vereinbart, dass hierfür keine Beschäftigten an der Anprobe stehen werden, da Mindestabstände nicht eingehalten werden können und aus diesem Grund Rücksicht auf die Gesundheit der Angestellten genommen werden muss. Im Nachhinein war zu beobachten, wie gleich zwei Kollegen*innen an der Anprobe stehen, und die von Kunden*innen anprobierten Kleidungsstücke abdampfen mussten! Ein dermaßen dreistes Verhalten zeigt, wie beim spanischen Moderiesen Prioritäten gesteckt sind: Umsatz wird über Gesundheit von Kunden und Belegschaft gestellt, auch kann hier keine Rede mehr von Missverständnissen sein - Betriebsräte werden vorsätzlich getäuscht. 
Seit Kurzem wird der Großteil der Beschäftigten wieder nach den üblichen Wochenplänen eingeteilt. In einer internen E-Mail von Anfang Mai wurde Betriebsräten noch folgendes noch von der Personalreferentin zugesagt:

„- Was ist mit Müttern die gezwungenerweise wegen ihren Kindern zuhause bleiben müssen?

=> die würden wir entweder weiterhin in Kurzarbeit lassen oder sie mit Ü-frei planen, wenn sie noch Überstunden haben und gar nicht oder nur teilweise arbeiten können, aber nicht in Kurzarbeit gehen möchten

- Was ist mit Risikogruppen ?

=> hier gilt das gleiche wie mit den Müttern.“



Mütter wurden über WhatsApp belästigt

In der Praxis sah es allerdings etwas anders aus: Betriebsräte wurden von Müttern informiert, dass diese von Vorgesetzten permanent mit Anrufen und zahlreichen WhatsApp-Nachrichten konfroniert wurden. Man akzeptiert nicht, dass die Kinderbetreuung nicht gewährleistet wird, da Kitas in Bayern coronabedingt (außer in der Notbetreuung) keine Kinder annahmen.

Im Klartext bedeutet das, dass junge Mütter tatsächlich gefragt werden, ob sie denn keine Verwandten hätten, die auf die Kinder aufpassen können. Hierbei schreckte man auch nicht davor zurück, dass explizit vorgeschlagen wurde, ob die Eltern, oder Schwiegereltern die Kinderbetreuung übernehmen können - es handelt sich hierbei genau um die Risikogruppen, die während des Lockdowns besonders geschützt werden sollten! Desweiteren wurde von Müttern verlangt, dass sie eine Bestätigung vom Arbeitgeber des Lebenspartners vorlegen sollen, aus der hervorgeht, dass dieser nicht die Betreuung der Kinder übernehmen kann.

 

Kranken Mitarbeitern wurde kein Lohn ausbezahlt

Nicht zum ersten Mal ist auffällig, wie Zara mit kranken Mitarbeitern umgeht: Eine Kollegin meldete sich nach monatelanger Krankheit schriftlich bei allen Vorgesetzten und teilte mit, dass keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorliegt. Daraufhin erhielt sie eine Art Begrüßungsmail zurück. In den darauffolgenden Wochen wurde sie von Managern nicht für die Arbeit eingeteilt. Da sie zur Risikogruppe in Bezug auf Corona zählt, verwundert dies nicht. Zara wollte auf diese Menschen Rücksicht nehmen - so wurde es zumindest in der zuvor zitierten E-Mail gegenüber Betriebsräten versprochen. 

Die Realität sieht leider anders aus: Besagter Kollegin wurde für den kompletten Monat Mai kein Lohn ausbezahlt, da sie für den ganzen Monat als unentschuldigt eingetragen wurde. Auf Nachfrage wurde ihr mitgeteilt, dass das so richtig sei, da sie sich ja schließlich nicht mehr gemeldet hätte (!).

Wir möchten an dieser Stelle klarstellen, dass viele Kollegen*innen während des Lockdowns nicht eingeplant wurden, da man schlichtweg gar nicht alle Beschäftigten aufgrund der strengen Regelungen einteilen konnte - alle bekamen ihren Regellohn. Wie hier mit einer Kollegin verfahren wird, entbehrt sich jeglichen moralischen Anstand und grenzt schon an Mobbing.

Üblich wäre gewesen, dass man sich nach monatelanger Krankheit als Erstes vernünftig zusammensetzt, und bespricht, was man als Arbeitgeber dazu beitragen kann, dass es der Kollegin gesundheitlich wieder besser geht. Zara unternimmt das genaue Gegenteil und sorgt dafür, dass sie aufgrund des ausbleibenden Lohns nicht weiß, wovon sie ihre Miete bezahlen soll. Die Fürsorgepflicht wird komplett ignoriert, es macht für uns eher den Anschein, dass man mit derartigen Aktionen kranke Menschen dazu drängen möchte, dass diese freiwillig ihren Job kündigen, anstatt dass man sich mit ihnen ernsthaft auseinandersetzt.



Absprachen wurden nach Öffnung der Läden nicht mehr eingehalten


Ein dermaßen unmenschliches Verhalten Zaras seinen Angestellten gegenüber ist in höchstem Maße inakzeptabel und wird sicherlich nicht ohne Konsequenzen bleiben. Man kann den Betroffenen nur raten, sich rechtlich beraten zu lassen und hiergegen vorzugehen. 

Die genannten Beispiele zeigen auch, dass man bei Zara Betriebsräte weder respektiert, noch mit diesen ernsthaft zusammenarbeiten möchte. Zuvor getroffene Vereinbarungen sollten seitens der Führungskräfte lediglich dafür sorgen, dass örtliche Betriebsräte sprichwörtlich die Füße stillhalten, damit die Läden ohne Probleme in Corona-Zeiten wieder schnell geöffnet werden konnten - sobald die Stores offen waren, hält man sich seitens Zara nicht mehr an zuvor getroffene Vereinbarungen und Absprachen.

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