Donnerstag, 27. Februar 2020

Zara - Ausbeutung auf allen Ebenen



Es ist Donnerstag, ein sogenannter LKW-Tag, wie er bei Zara betriebsintern genannt wird. In den frühen Morgenstunden kommt der LKW mit den Teilen der neuesten Kollektionen an, es herrscht ein aufgeregtes Treiben im gesamten Store. Wo wird die Neuware platziert, und wohin mit den hunderten neuen, nachgelieferten Teilen? Commercials, welche für die Koordination und Präsentation auf der Verkaufsfläche zuständig sind, werden noch den gesamten Tag damit beschäftigt sein, die Lieferung zu verarbeiten, ebenso sind die Führungskräfte involviert. Neuware wird wöchentlich für gewöhnlich zweimal in die Läden geliefert.

 

Unbezahlte Überstunden und keine Ruhezeiten


Besonders vor LKW-Tagen werden die Ruhezeiten von Zara-Führungskräften oftmals nicht eingehalten. Die gesetzlich festgelegte Ruhezeit von 11 Stunden (§ 5 (1) ArbZG) wird häufig unterschritten, da Manager über ihre geplante Arbeitszeit hinaus noch lange im Store arbeiten, und am nächsten Tag sehr früh zur LKW-Annahme wieder vor Ort sein müssen. Das Prekäre an der Situation: Als leitende Angestellte werden ihre Stunden nicht als Arbeitszeit erfasst, sie arbeiten teilweise 10 bis 14 Stunden täglich! Arbeitszeiten von z.B. 6.00 Uhr bis 19.00 Uhr sind hier keine Seltenheit! Oftmals wird ausgestempelt und einfach weitergearbeitet, damit die geleisteten Stunden später nicht im Zeiterfassungssystem ersichtlich sind.

 

Theatinerstr.: Über zehn Filialleitungen in zehn Jahren


Die Mitarbeiterfluktuation hat bei Zara nach wie vor erschreckend hohe Ausmaße (wir berichteten bereits 2018), sowohl bei dem Stammpersonal im Verkauf, als auch bei den Führungskräften. Zahlen über die häufigen Wechsel belegen dies - In den vergangenen zehn Jahren hatte die Filiale in der Theatinerstr. nachweislich über 10 verschiedene Filialleitungen. Dazu kommen diverse Vertretungen, die für Wochen, oder Monate ausgeholfen haben. Im Durchschnitt hat es hier eine Filialleitung noch nicht mal ein Jahr lang ausgehalten.

Ausgebranntheit bis zum Burnout ist unter Zara-Managern weit verbreitet. Klar ist: Nervlich ist eine Filialleiterposition in einem Top-Store bei Zara nicht jahrelang auszuhalten. Der Konzern entledigt sich schnell von Menschen, die nicht mehr so funktionieren, wie er es sich vorstellt, die Zahlen sprechen für sich. Zara wollte immer ein attraktiver Arbeitgeber sein, dazu gehört es allerdings auch, dass man die Fürsorgepflicht für seine Arbeitnehmer übernimmt, und Menschen nicht solange ausnutzt, bis sie nicht mehr können.

 

Kurzfristige Versetzungen und Schichtänderungen
 

Zu den vielen unbezahlten Überstunden kommen bei den Führungskräften noch kurzfristige Versetzungen in andere Stores hinzu. Aus Filialen ohne Betriebsrat, wie zum Beispiel die Erlanger Filiale werden regelmäßig Manager für Tage, oder Wochen abgezogen und in die umsatzstärkeren Filialen nach München geschickt, um hier zu unterstützen.

Commercials sind in erster Linie für die Warenpräsentation bei Zara verantwortlich. Bei außerplanmäßigen Lieferungen, oder „wichtigen“ Besuchen aus der Zentrale müssen sie vor Ort sein und oft kurzfristig ihre Schichten hierfür ändern. Zu ihrem ganz normalen Alltag gehört auch, dass sie regelmäßig ihre Pausen unterbrechen müssen, da sie bei Fragen zu Abverkäufen und Koordinationsthemen herangezogen werden. Wenn eine Pause nach weniger als 15 min unterbrochen wird, handelt es sich gemäß §4 ArbZG um keine Ruhepause. Diese gesetzliche Regelung wird jedoch rigoros von den Verantwortlichen ignoriert.

 

Verstöße bei externen Lagerfirmen


Externe Dienstleister stehen ebenfalls unter enormen Druck, da Inditex/Zara den Markt bestimmt. Kollegen*innen, die über Werksverträge im Lager der Filialen für Zara arbeiten, verräumen unter Zeitdruck, Ruhezeiten werden auch hier nicht eingehalten. Das Unternehmen profitiert von den niedrigeren Löhnen, und gibt gleichzeitig jegliche Verantwortung an Lagerfirmen wie Ila Solution, oder High Strategy ab.

Entladereporte, die dies belegen werden von Zara Managern überprüft und unterschrieben, da Zara als Auftraggeber das Hausrecht hat. Es ist verantwortungslos, dass man solche Zustände billigt, und sich über geltendes Recht hinwegsetzt.

Egal ob Führungskraft, Commercial, oder Angestellte*r einer Lagerfirma - wir sehen alle Positionen als unsere Kollegen*innen an, und prangern den Umgang mit ihnen an. Ausbeutung zieht sich bei Zara durch alle Ebenen. Mitarbeiterrechte werden ignoriert und Verstöße unter anderem des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sind an der Tagesordnung. In der derzeitigen Unternehmenspolitik ist der Schutz der Arbeitnehmer offenbar nicht besonders hoch angesiedelt. Dies sollte sich schleunigst ändern, wenn Zara sich weiterhin als attraktiver Arbeitgeber potenziellen Bewerbern gegenüber präsentieren möchte. Denn das höchste Gut eines Unternehmens sollte die Belegschaft sein.

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