Montag, 29. April 2019

Beklemmend: Wir waren da, wo Zara produzieren lässt!



Vom 16. bis 18. März fand der vom tie Bildungswerk e.V. im Rahmen des ExChains-Programmes organisierte „Workshop on International Cooperation of Workers in the Garment Supply Chain“ in Neu Delhi, Indien statt. Neben Kollegen*innen von der ver.di, H&M, Primark, Esprit und Walbusch waren auch wir Münchner Betriebsräte gemeinsam mit unseren Kolleginnen aus Frankfurt und Mannheim für Zara vor Ort.

Zuvor waren wir in Bangladesch und trafen uns mit unseren internationalen Kollegen*innen von der N.G.W.F.. Wir tauschten uns über die jeweiligen gewerkschaftlichen Strukturen in Bangladesch/Deutschland aus, und lernten die unterschiedlichen Gegebenheiten und Problematiken kennen. 



Liste von Zara-Zulieferern liegt uns vor


Um eines vorweg zu nehmen: die Zustände und Arbeitsbedingungen in Bangladesch und Südostasien sind ernüchternd und schockierend. Uns wurden bestürzende Vorfälle in den Zuliefererfabriken, in denen auch Zara produzieren lässt geschildert - Details hierüber werden in kürze folgen.  


Wir können an dieser Stelle soviel verraten, dass wir Unterlagen erhalten haben, in denen alle Zulieferer von Zara aufgelistet sind. Ein Leugnen, oder ein „Wir wissen nichts davon..“ kann sich Zara’s Chefetage  also in Zukunft sparen, wenn die uns geschilderten Vorfälle öffentlich gemacht werden!


Unser Film zur ExChains-Reise mit Aufnahmen aus der besuchten Fabrik


In Dhaka, Bangladesch besuchten wir eine der über 4.500 Textilfabriken. 1000 Menschen arbeiten hier dicht an dicht auf einer Etage, der betäubende Lärm vom Rattern der vielen Nähmaschinen ist kaum auszuhalten. 


Bangladesch ist nach China der zweitgrößte Textilproduzent der Welt, 80% aller Exporte stammen hier aus der Textilindustrie. Deutschland ist nach den USA der wichtigste Exportpartner.  

Unternehmen wie Inditex/Zara lassen ganz bewusst in den ärmsten Ländern wie Bangladesch produzieren, soziale Standards lassen sich hier leicht aushebeln und eine Näherin verdient hier gerade mal ca. 60,-€ - im Monat!



 

 

Beklemmende Verhältnisse in den Wohnsiedlungen der Näherinnen


Neben der Textilfabrik besuchten wir auch Näherinnen zu Hause in den Arbeitersiedlungen. Diese riesigen Siedlungen sind ein schier unendliches Labyrinth aus Wellblech, abgeteilt in Parzellen. Familien haben hier nur einen notdürftig abgetrennten Raum mit wenigen Quadratmetern, wo gerade einmal ein Bett reinpasst. Küche und Sanitäranlagen müssen mit 9 weiteren Familien geteilt werden. Die Verhältnisse sind ärmlich und beklemmend - und das, obwohl Näherinnen 6 Tage in der Woche Schwerstarbeit leisten müssen!





„Workshop on International Cooperation of Workers in the Garment Supply Chain“


Von Dhaka ging es weiter nach Neu Delhi, Indien. Hier fand der mehrtägige Workshop mit unseren internationalen Kollegen*innen statt. Neben Vertretern von S.I. Cobas (Italien), nahmen Kollegen*innen der N.G.W.F. (Bangladesch), G.A.T.W.U. und G.A.F.W.U. (Indien) und F.T.Z. & G.S.E.U. (Sri Lanka) an der Veranstaltung teil. Wir stellten uns einander vor und präsentierten die jeweiligen Organisationen. Es wurden schnell Gemeinsamkeiten und Anknüpfpunkte für Strategien gefunden. Wir arbeiteten Pläne für die zukünftige Zusammenarbeit aus und freuen uns jetzt schon darauf, diese umzusetzen. 




Uns begegneten mutige und herzliche Menschen, denen wir unseren vollen Respekt entgegenbringen! Sich in Südostasien als Gewerkschafter*innen gegen korrupte Regierungen zu behaupten ist in keiner Weise vergleichbar mit der Gewerkschaftsarbeit in Deutschland - Während wir durch das Betriebsverfassungsgesetz umfassend geschützt sind, müssen unsere internationalen Kollegen*innen konkret mit Haftstrafen, Gewalt und Kündigungen rechnen! Sich trotzdem gewerkschaftlich zu engagieren erfordert deshalb Mut und enormes Durchsetzungsvermögen, wofür wir sprichwörtlich unseren Hut ziehen! 



Zukünftige Zusammenarbeit des tie Bildungswerkes e.V. mit den Münchner Betriebsräten


Aus diesem Grund sind wir Münchner Betriebsräte ab sofort Teil des ExChains-Programmes vom tie Bildungswerk e.V. uns freuen uns darauf, gemeinsam mit unseren internationalen Kollegen*innen gegen die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen in Südostasien vorzugehen.  


Die uns geschilderten Vorfälle aus Zara-Fabriken werden öffentlich gemacht, denn es kann nicht sein, dass sich Unternehmen in Europas Einkaufsstraßen als seriöses und modisches Textillabel präsentieren wollen, am anderen Ende der Welt aber Menschen zu Millionen unter ärmlichsten Verhältnissen wie moderne Sklaven rücksichtslos aus Profitgier ausgebeutet werden!




Ein großes Danke geht an dieser Stelle nochmal an das tie Bildungswerk e.V. , dass die ganze Reise unter nicht immer ganz einfachen Verhältnissen geplant und organisiert hat! Danke, dass Ihr uns diese Reise mit den damit verbundenen Eindrücken und Einblicken ermöglicht habt! Weiter möchten wir unseren besonderen Dank an unsere Gastgeber aus Bangladesch und Indien für das uns entgegengebrachte Vertrauen und die große Herzlichkeit, sowie Organisation vor Ort aussprechen!

Freitag, 12. April 2019

Zara: Kämpferische Gesamtbetriebsratssitzung


Vom 01.-04. April tagte der ZARA GBR. Am letzten Tag mit Teilnahme der Gewerkschaftssekretäre Orhan Akman und Dominik Datz von ver.di.
Gemeinsam besprach man die aktuelle Situation und bewertete die Dringlichkeit vieler Einzelthemen.

Verabredet wurden folgende gemeinsame Schwerpunkte:
Beschäftigungssicherung für die ZARA Beschäftigten
Kommunikationsoffensive in den Gremien und Belegschaften
Rigoroses Vorgehen gegen jede Form der Betriebsratsbehinderung

Dominik Datz, der ab sofort den GBR betreuen wird zog ein durchweg positives Fazit aus der ersten gemeinsamen Veranstaltung. „Große Teile der Belegschaften sind schon Feuer und Flamme für die kommende Tarifrunde. Und Feuer werden wir auch den Herren und Damen im Management in Bezug auf die anderen Baustellen im Unternehmen unterm Hintern machen.“

Mittwoch, 3. April 2019

Zara geht auch anders



Artikel aus dem aktuellen ver.di-HANDEL-Magazin 01/2019:


Rücksichtslose Personalpolitik sorgt für Unmut


Missachtung von Mitbestimmungs­rechten sowie Filialschließungen ohne das Angebot akzeptabler Ersatz­arbeitsplätze kennzeichnen aktuell be­sonders stark die Personalführung bei der Textilkette Zara, die zum spanischen Inditex­-Konzern gehört.

Einen ebenfalls heftig kritisierten As­pekt dieser Politik muss das Unterneh­men nach einem Münche­ner Gerichtsentscheid vom Februar jedoch umgehend ändern: Zara wurde in einem Beschlussverfahren dazu verpflichtet, mit Be­triebsratsmitgliedern und mit nicht leitenden Ange­stellten in keiner anderen als der deutschen Sprache zu kommunizieren. Auch die Mitarbeiterversammlungen (»Nip­pons«) müssen auf deutsch abgehalten werden.

Hintergrund des Konflikts: Betriebs­räte und ver.di­-Aktive hatten mit Un­terstützung der Rechtsanwältin Nihal Ulusan aus München Klage eingereicht, weil Meetings und Schulungen aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse der Füh­rungskräfte nur noch auf englisch ab­gehalten wurden. Auf dem gewerk­schaftlichen Info­-Blog – verdi­-zara.blogspot.com – wird der Verdacht ge­äußert, dass der Ar­beitgeber Führungs­positionen bei Zara gezielt mit Kandi­dat*innen aus Ost­- und Südeuropa be­setzt, die sich mit dem Betriebsverfassungs­gesetz überhaupt nicht auskennen und besonders abhängig von der Zara­-Zentrale sind. Grundsätz­lich wird die Einstellung neuer Kolleg*in­nen, die anfangs noch schlechte Sprach­kenntnisse haben und schnell dazuler­nen wollen, von den ver.di­-Aktiven begrüßt. Sie wollen eine nachhaltige und menschliche Personalpolitik durch­setzen.

Orhan Akman, der seit Mitte Februar die ver.di­-Bundesfachgruppe Einzelhan­del leitet, fordert von der Unternehmens­leitung, die sich häufenden Filialschlie­ßungen umgehend zu beenden und die Mitbestimmungsrechte zu respektieren: »Zara braucht ein zukunftsfähiges Standortkonzept, das gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen entwi­ckelt werden muss. Die Beschäftigten brauchen Arbeitsplatzgarantien!«



Beschäftigte brauchen Arbeitsplatzgarantien


Das rücksichtslose Vorgehen im Zusam­menhang mit Filialschließungen, bei denen die Betriebsräte bzw. der Ge­samtbetriebsrat nicht angehört und zum Teil völlig übergangen werden, geriet auch 2018 wieder verstärkt in den Fokus. Ende letzten Jahres wurde bekannt, dass Zara seine Filiale im »Mar­morhaus« am Berliner Kurfürstendamm zum 31. März 2019 schließen wird. Lediglich sechs von 73 teils langjährigen Mitarbeiter*innen wurde eine Stelle in einem der umliegenden Stores ange­boten, während dort per Ausschreibung zeitgleich viel mehr Personal gesucht wurde. Und es gibt noch weitere Bei­spiele für die verfehlte Personalpolitik des Unternehmens: So die Filialen Köln­-Ehrenstraße sowie Viernheim in Hessen, wo dem Betriebsrat noch dazu eine Schulung zum Thema Sozialplan/Inte­ressenausgleich verweigert wird, und Leipzig 2.

Die beiden leztgenannten Zara­-Stand­orte sollen im Juli 2019 geschlossen werden. Doch jeweils eine Woche vor der Hiobsbotschaft hatte der Personal­chef behauptet, von einer Filialschlie­ßung nichts zu wissen.

In der Münchener Kaufingerstraße, die Ende Februar 2018 dichtmachte, wur­de der überwiegende Teil der über 100 Beschäftigten ebenfalls gekündigt und nicht auf andere Häuser verteilt. Für dieses Jahr sind weitere Schließungen in der bayrischen Landeshauptstadt und neue Konflikte zu erwarten.