Dienstag, 13. November 2018

Fluktuation bis zum Umfallen - Zara ramscht sich ab




Wer einmal im Einzelhandel für eine der großen Modeketten tätig war, weiß, wie mühsam es ist, eine Volllzeitstelle zu bekommen. Auch bei Zara ist es mittlerweile sehr schwierig, in Vollzeit zu arbeiten. Schon gar nicht von Anfang an, denn Zara stellt ausschließlich nur 15 und 20 Stunden-Kräfte ein. Man möchte maximal flexibel sein, und möglichst viele Angestellte in Teilzeit beschäftigen, anstatt weniger in Vollzeit - so kann man Ausfälle z.B. durch Krankheit minimieren, so die Theorie. Diese Strategie bringt jedoch massive Nachteile für alle Beteiligten mit sich, was wir in diesem Artikel beleuchten möchten.

Katastrophale Einarbeitung - Druck vom ersten Tag an


Vor einigen Jahren noch bekamen unsere neuen Kollegen*innen einen sogenannten Tutor zur Seite gestellt - einen Kollegen*in der sich ganze zwei Wochen um den neuen Mitarbeiter*in kümmert, mitgeht, einarbeitet, erklärt und für jegliche Fragen zur Seite steht. Das war mal, mittlerweile werden Schulungen in Gruppen von teilweise bis zu sieben Personen an einem halben Tag abgehalten. Danach werden die Neuen von Managern aufgrund der chronischen Unterbesetzung für „einfache“ Aufgaben eingeteilt, anstatt dass sie eine vernünftige Einarbeitung bekommen. Das alles hängt damit zusammen, dass immer mehr Mitarbeiter*innen in immer kürzeren Abständen eingestellt werden. Man muss bedenken, dass es für viele der jungen Leute das erste Mal überhaupt im Einzelhandel ist. Sie müssen erstmal „ankommen“ und die Abläufe im Verkauf kennenlernen - der enorme Stressfaktor in einem Top-Store darf nicht unterschätzt werden!

Fluktuation bis zum Rande des Kollapses


Viele der neuen Kollegen*innen trauen sich nicht nachzufragen, wenn etwas nicht richtig verstanden wurde. Sie sind schlichtweg überfordert und eingeschüchtert. Die Folgen sind für alle Beteiligten unangenehm: Genervte Kollegen*innen, verärgerte Kunden*innen und Unsicherheit bei den Neuen. Das macht sich spätestens dann bemerkbar, wenn der befristete Arbeitsvertrag ausläuft und die Kollegen*innen  nicht übernommen werden, weil man „mit der erbrachten Arbeitsleistung nicht zufrieden“ ist. Viele Neue kündigen sogar von selbst nach nur wenigen Tagen, weil sie entweder anderweitig eine Vollzeitstelle bekommen haben, oder weil sie schlicht überfordert sind. Diese Leute werden dann wiederum durch Neue ersetzt, und das Ganze beginnt von vorne.

Langjährige Mitarbeiter*innen wandern ab


Die Leidtragenden von dem Ganzen sind auf der anderen Seite auch langjährige Mitarbeiter*innen. Denn die Fluktuation nimmt mittlerweile unerträgliche Ausmaße an. Viele sind davon genervt, dass man sich wöchentlich an neue Gesichter gewöhnen muss, von denen man davon ausgeht, dass die meisten eh wieder nach kurzer Zeit durch Neue ersetzt werden. Viele Kollegen*innen mit langer Betriebszugehörigkeit bewerben sich derzetig bei Alternativen, weil ihnen die Zustände mittlerweile auf deutsch gesagt „zu blöd“ geworden sind, und allmählich auch der genügsamste Mitarbeiter*in keine Nerven mehr für diese vielen Wechsel hat.

Einsparungen selbst bei Kassenschulungen


Derweil geht Zara auch schon dazu über, neue Kollegen*innen für Kassenschulungen nicht mehr durch ausgebildete Trainer ausbilden zu wollen, sondern hierfür aus Zeitgründen Kollegen*innen mit Kassierervertrag  einzuspannen. Ein zweifelhafter und unzulässiger Schritt, welcher durch Betriebsräte sofort unterbunden wurde. Solche Vorgehensweisen machen deutlich, dass Zara sparen will, wo es nur geht - und das bei Umsätzen, die noch nie besser waren! Es gibt eine Redewendung, die das ganze Szenario am besten beschreibt:  „Gier frisst Hirn“ - vielleicht sollte man sich in der Chefetage von Zara hierüber mal Gedanken machen. 

Es muss ein Umdenken stattfinden


Ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber handelt so nicht. Es kann nicht sein, dass man neue Kollegen*innen lediglich als „Kanonenfutter“ sieht, und sie direkt für Aufgaben verprellt, wenn die Filiale - wie immer- unterbesetzt ist. Es müssen wieder ausführliche Schulungen her. Ansprechpartner müssen vor Ort sein, und auch ausreichend Zeit haben. Es muss endlich Schluss sein mit dieser für alle Mitarbeiter*innen unerträglichen Abwärtsspirale! Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite bombastische Umsätze eingefahren werden, und man auf der anderen Seite bei elementaren Schulungen einspart. Auf lange Sicht kann das nur schief gehen!

Fortsetzung folgt…