Nun
ist es soweit. Die Einigungsstelle ist beendet. Die Verhandlungen zum
Interessensausgleich und Sozialplan in der ZARA Filiale Kaufingerstr. sind
abgeschlossen und alle Formalitäten erledigt. Was bleibt ist ein Scherbenhaufen
voll zerstörter Vorstellungen und Hoffnungen fast aller Angestellten in diesem
Betrieb. Warum?
Nun,
zum einen hängt es damit zusammen, dass die Arbeitgeberseite sich allem
widersetzte, was im Ansatz nach "Vorteil für den Angestellten" aussah
und zum anderen, weil die Gesetzgebung in Deutschland leider an manchen Stellen
Lücken und Grauzonen aufweist, die von Arbeitgebern schamlos ausgenutzt werden, so auch von ZARA.
Um
eines sehr deutlich vorweg zu schicken:
Die Arbeitnehmervertretung begrüßt und schätzt es sehr, dass der
Arbeitgeber allen Beschäftigten eine "Weiterbeschäftigungsgarantie"
ausgesprochen hat!
Allerdings
hat diese "Garantie" deutlich an Wert verloren, als die Verhandlungen
begonnen haben.
Die
Arbeitgeberseite konnte sich plötzlich nicht mehr daran erinnern, dass bei den
diversen morgendlichen und abendlichen Mitarbeitertreffen (kurz
"Nippon" genannt) gesagt wurde, dass man als Beschäftigter seine
"Wunschfiliale", in die man gerne versetzt werden möchte (falls man
weiter machen will) angeben kann und soll. Ob dieser Wunsch auch in Erfüllung
geht kann man zwar nicht versprechen, aber es wird zumindest zur Kenntnis
genommen und versucht zu berücksichtigen.
Tatsächlich
gingen daraufhin fast alle Beschäftigten zur zuständigen Personalreferentin und
gaben an wohin sie gerne gehen würden, wenn sie denn weiter beschäftigt werden
sollten. Alles wurde auch feinsäuberlich in einer Tabelle festgehalten. Doch
bei der Verhandlung wollte der Arbeitgeber sich nicht mehr an seine Äußerung
erinnern und auch keine, ich wiederhole: KEINE!, Wünsche mehr zu berücksichtigen. Der
Arbeitgeber ging sogar soweit zu sagen, dass auch im Falle einer Möglichkeit
der Auswahl, der Beschäftigte KEIN Mitspracherecht haben werde. Also NICHTS für den Arbeitnehmer!
Der
Hintergrund ist, dass der Arbeitgeber hier befürchtet, dass einige Beschäftigte, deren
Wunsch nicht in Erfüllung ging evtl. vor Gericht ziehen könnten und dieses
Risiko wollte der Arbeitgeber nicht eingehen.
Dumm
nur, dass der Arbeitgeber jetzt eher das Risiko eingeht, dass wesentlich mehr
Beschäftigte klagen könnten, weil sie willkürlich in irgendwelche
Filialen verteilt werden, nach sogenanntem "billigem Ermessen" des
Arbeitgebers (wer es genauer wissen möchte kann hier mal reinlesen: § 315 Abs. 1 BGB).
Ebenso
unverständlich war es für die Arbeitnehmervertretung, dass der Arbeitgeber
keine Sicherung der Weiterbeschäftigungsgarantie geben wollte. Der Arbeitgeber
berief sich, gefühlt 10.000 Mal, darauf, dass sie eine Weiterbeschäftigung allen
Beschäftigten der Filiale zugesagt haben und gut ist. Man solle doch bitte
zufrieden sein damit und alles andere hier zu verlangen wäre unverschämt und
anmaßend. Die Arbeitnehmervertretung wollte z. B. eine verlängerte
"Garantie" für die versetzten Kolleginnen und Kollegen, die im Falle
einer erneuten betriebsbedingten Kündigung, nach ihrer Versetzung, auf den
jetzt abgeschlossenen Sozialplan zurückgreifen können. Diese Klausel ist nicht
nur legitim sondern auch üblich in der Branche, das bestätigte sogar der
Einigungsstellenvorsitzende, aber die Arbeitgeberseite schaltete, mal wieder,
auf stur. Obwohl man zugestand, dass es ohne eine Schließung bislang bei ZARA
keine betriebsbedingten Kündigungen gab, es also kein Risiko für den
Arbeitgeber darstellen würde, wenn diese Klausel drin wäre, wollte man sich da
nicht festlegen. Also auch hier wieder NICHTS
für den Arbeitnehmer.
Über
die Abfindungen kann man tatsächlich lange hin und her streiten. Kurz gefasst
muss man auch hier sagen, dass 90% der Beschäftigten, die gerne eine
Abfindung genommen hätten, diese nun NICHT mehr annehmen werden. So zumindest ist unsere Einschätzung. Allerdings muss man hier sagen, dass unter den gegebenen Umständen es schon sehr wichtig ist, dass es der Arbeitnehmervertretung gelungen ist, überhaupt eine Abfindungsregelung mit dem Arbeitgeber zu treffen. Denn rein rechtlich hätte der Arbeitgeber in dieser Situation gar keine Abfindung zahlen müssen. Umso erfreulicher ist es, dass es nun eine Regelung gibt und unter den gegebenen Umständen das Maximum rausgeholt werden konnte. Auch wenn es viele Beschäftigte geben wird, die wesentlich mehr erwartet haben.
Deswegen wird allerdings der Arbeitgeber auch ein Problem bekommen. Denn unserer Vermutung nach, war der Arbeitgeber eher darauf eingestellt, 40 bis 60% der Belegschaft
durch Abfindungen "loszuwerden", sodass man weniger
Stundenbudgeterhöhungen in den übrigen Filialen investieren muss. Allerdings
wird das mit dieser Abfindungshöhe, die ausgemacht wurde sehr fraglich, ob das
den arbeitgeberseitigen Wunscheffekt haben wird. Es ist ohnehin noch sehr fraglich
wie das Ganze zu bewältigen sein soll, wenn in eine Filiale plötzlich ca. 50%
mehr Belegschaft da ist?! Belegschaft für die es keine geeigneten Sozialräume
gibt und auch nicht genügend sanitäre Einrichtungen. Fraglich auch, dass diese Überbudgetierung
auf lange Sicht gut gehen wird oder ob man nicht doch eine
"Schattenplanung" hat/hatte und diese versetzten Mitarbeiter nur in
den Filialen "geparkt" werden bis man eine neue Filiale aufmacht. Auch die Vermutung liegt nah, dass andere Filialen, die kleiner sind und/oder ebenfalls nicht mehr in das "Konzept" passen oder sogar wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen, noch in diesem aber spätestens nächstem Jahr geschlossen werden könnten. Amüsant war es, als man den Arbeitgeber mit dieser Planung konfrontierte und
dieser dann tatsächlich so tat, als wisse er nicht, wovon die Gegenseite
spricht. Obwohl man doch genau wissen sollte, dass die Bezugsquellen der
Gewerkschaft doch sehr weitreichend sind.
Auch
die begründete Besorgnis, dass die sogenannten "aufnehmenden"
Betriebsräte der anderen Münchner Filialen der Versetzung der Beschäftigten aus
der Kaufingerstraße widersprechen könnten, hat der Arbeitgeber als irrelevant
abgetan. Auch hier wollte der Arbeitgeber KEINE schriftlichen Zugeständnisse machen.
Wiedermal NICHTS für den Arbeitnehmer.
Aber bei
allen negativen Aspekten, die hier aufgezählt wurden, sollen die positiven
nicht unerwähnt bleiben:
-
Beschäftigte in Elternzeit werden ebenfalls jetzt schon in die Planung mit
einbezogen und nicht erst wenn sie aus Elternzeit wiederkommen, so wie es der
Arbeitgeber wollte
-
Fahrtkostendifferenzerstattung im Falle einer Erhöhung durch den neuen
Arbeitsplatz
-
Eine Art "Probezeit" von 3 Monaten nach der Versetzung, mit der
Option doch die Abfindung zu nehmen, wenn man nach 3 Monaten merken sollte,
dass man sich nicht mit dem neuen Arbeitsumfeld anfreunden kann
Nun
kann die Eine oder der Andere sich denken: "Was? Das ist alles, was als
'positiv' erwähnt wird?" - Ja, leider. Liest sich sehr wenig, ist es auch!
Aber auch hier muss gesagt werden, dass es den Arbeitnehmervertretern sehr schwer gemacht wurde, indem immer und immer wieder betont wurde, dass es eigentlich keinen Grund gäbe sich aufzuregen, denn schließlich wird niemand gekündigt, sondern jeder weiter beschäftigt, der möchte. Genau das aber war es letztlich auch, was diese Verhandlungen so schwierig und so besonders gemacht haben und da der Arbeitgeber sich ja so gern wiederholt, tun wir das an dieser Stelle auch nochmal:
Aber auch hier muss gesagt werden, dass es den Arbeitnehmervertretern sehr schwer gemacht wurde, indem immer und immer wieder betont wurde, dass es eigentlich keinen Grund gäbe sich aufzuregen, denn schließlich wird niemand gekündigt, sondern jeder weiter beschäftigt, der möchte. Genau das aber war es letztlich auch, was diese Verhandlungen so schwierig und so besonders gemacht haben und da der Arbeitgeber sich ja so gern wiederholt, tun wir das an dieser Stelle auch nochmal:
Die Arbeitnehmervertretung begrüßt und schätzt es sehr, dass der
Arbeitgeber allen Beschäftigten eine "Weiterbeschäftigungsgarantie"
ausgesprochen hat!
Aber
die "Qualität" dieser Garantie ist, zumindest in den Augen der
Arbeitnehmervertretung, nicht viel Wert. Vor allem wenn man die persönlichen Belange und
Ängste der Kolleginnen und Kollegen schlichtweg ignoriert und diese
"Weiterbeschäftigungsgarantie" lediglich dafür nutzt, um in der
Öffentlichkeit gut auszusehen.
Schlussendlich muss man sagen, dass eine Ära zu Ende geht. Eine der wichtigsten deutschen ZARA Filialen schließt nun
ihre Türen. Die Geschichten und Erlebnisse, die hinter diesen Türen stattfanden
bleiben aber in den Köpfen und Herzen derer bestehen, die dort gearbeitet und
ihren Teil dazu beigetragen haben, dass ZARA Deutschland zu dem geworden ist,
was es ist.
Wir
möchten uns an dieser Stelle recht herzlich bei der Belegschaft bedanken, die uns als
ihren Vertretern, ihr Vertrauen geschenkt haben und hoffen dass die Zukunft
aller Kolleginnen und Kollegen in eine, für jeden, positive Richtung geht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen