Modegigant Zara unter Druck: Kranke Mitarbeiter werden um Lohn gebracht
Ein Skandal erschüttert das Modeunternehmen Zara. Zahlreiche Mitarbeiter berichten von einem rücksichtslosen Vorgehen des Konzerns, das vor allem kranke Angestellte ins Visier nimmt. Demnach stellt Zara die Lohnfortzahlung ein – ohne die individuellen Fälle umfassend zu prüfen. Für viele Betroffene bedeutet das doppelte Belastung: gesundheitliche Probleme und gleichzeitig die Sorge um ihre finanzielle Existenz.
Plötzlicher Lohnstopp ohne Vorwarnung
Wie mehrere Kollegen*innen berichten, verfolgt Zara bei längerer Krankheit eine Strategie, bei der die Lohnfortzahlung plötzlich eingestellt wird. „Ich war öfters krank und bekam plötzlich die Mitteilung, dass mein Lohn nicht weitergezahlt wird. Vorher hat niemand mit mir gesprochen“, sagt eine betroffene Mitarbeiterin. In vielen Fällen erfuhren die Betroffenen erst im Nachhinein von der Entscheidung und mussten sich dann selbst um Krankengeld bei ihrer Krankenkasse bemühen.
Zara verweist zur Begründung auf angebliche Versäumnisse der Mitarbeiter, insbesondere die fehlende Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an die Krankenkasse. Zudem beruft sich das Unternehmen auf das Prinzip des „einheitlichen Verhinderungsfalls“. Demnach entfällt bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nach sechs Wochen die gesetzliche Pflicht zur Entgeltfortzahlung.
Zwar handelt es sich hierbei um eine gesetzlich geregelte Ausnahme, doch ist es in der Praxis üblich – und arbeitsrechtlich geboten –, dass der Arbeitgeber zunächst den Sachverhalt mit der Krankenkasse klärt, bevor er Lohnzahlungen einstellt.
Trotz Nachweis: Lohn verweigert
Ein besonders empörender Fall zeigt, wie kompromisslos Zara dabei vorgeht. Eine Mitarbeiterin konnte zweifelsfrei belegen, dass ihre aktuelle Krankheit nicht im Zusammenhang mit früheren Diagnosen steht. Trotzdem verweigerte Zara ihr die Lohnfortzahlung weiterhin – mit Verweis auf dieselben pauschalen Argumente. Der Fall zeigt, wie offenbar selbst klare medizinische Nachweise ignoriert werden, um finanzielle Verpflichtungen gegenüber kranken Beschäftigten zu umgehen.
Bargeldtrick? Mysteriöse Auszahlung ohne Geldfluss
Ein weiterer Fall weckt besonders brisante Fragen – und möglicherweise strafrechtliche Relevanz: Ein Mitarbeiter erhielt im Dezember keinerlei Gehalt. Auf seiner offiziellen Lohnabrechnung jedoch war der volle Betrag aufgeführt – deklariert als „Barauszahlung“. Der Betroffene versichert glaubhaft, niemals Bargeld erhalten zu haben. Eine Quittung über eine angebliche Auszahlung habe er ebenfalls nicht unterschrieben.
Inzwischen hat sich der Arbeitgeber in einer E-Mail zu Wort gemeldet. Darin heißt es, dass bei Zara grundsätzlich keine Barauszahlungen von Gehältern stattfinden – sämtliche Gehaltszahlungen würden ausschließlich per Banküberweisung erfolgen, wie es auch im Arbeitsvertrag geregelt sei. Die Bezeichnung „Barzahlung“ in der Lohnabrechnung sei lediglich ein technischer Begriff aus dem internen Lohnsystem und bedeute in diesem Zusammenhang, dass die Gehaltszahlung vorübergehend angehalten wurde – etwa weil, wie im konkreten Fall, die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt gewesen seien.
Zara hat mittlerweile auch eine korrigierte Abrechnung für den Monat Dezember 2024 nachgereicht. Auffällig ist dabei der Vermerk „Vorläufige Abrechnung – Erstellt am 04.04.25“, also mehrere Monate nach dem ursprünglichen Abrechnungszeitraum. Warum es dennoch zu der unklaren und missverständlichen Darstellung auf der ursprünglichen Lohnabrechnung kam, bleibt offen. Die Kommunikation wirkt weiterhin wenig transparent – und der Fall wirft grundsätzliche Fragen zur internen Abwicklung bei Zara auf.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts als Rechtfertigung
Zara beruft sich bei seinem Vorgehen auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2023 (5 AZR 93/22), das Arbeitnehmer in die Pflicht nimmt, bei längerer Krankheit detaillierte Nachweise über neue und frühere Erkrankungen vorzulegen. In dem verhandelten Fall wurde die Klage eines Angestellten abgewiesen, weil er sich auf Datenschutzgründe berief und lediglich allgemeine Diagnoseschlüssel einreichte – nicht aber nachweisen konnte, dass seine aktuelle Erkrankung nichts mit der vorherigen zu tun hatte.
Doch während das Urteil den rechtlichen Rahmen klar definiert, scheint Zara diesen nun bis an die Schmerzgrenze – und darüber hinaus – auszureizen.
Manipulationen bei der Zeiterfassung: Stempelzeiten gelöscht
Mehrere Betroffene werfen dem Modegiganten sogar noch gravierendere Vorwürfe vor: In Einzelfällen sollen Manager die Stempelzeiten unliebsamer Mitarbeiter nachträglich aus dem Zeiterfassungssystem gelöscht haben. Diese Tage wurden daraufhin als unbezahlter Fehltag verbucht – ein schwerer Vorwurf, der weitreichende Konsequenzen haben könnte. Interne Protokolle, die diese Manipulationen belegen, liegen vor.
Die betroffenen Mitarbeiter berichten, dass sie durch das Vorgehen des Unternehmens finanziell und psychisch massiv unter Druck gesetzt werden. Offenbar spekuliert Zara darauf, dass sich die Angestellten unter dem wirtschaftlichen Druck gezwungen sehen, selbst zu kündigen. Ein Kollege sagt: „Ich habe monatelang keinen Lohn bekommen und wusste nicht, wie ich meine Miete bezahlen soll. Zara spielt mit unserer Existenz.“
Krankenkassen müssen in Vorleistung treten
Wenn ein Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigert, springt in bestimmten Fällen die Krankenkasse mit Krankengeld ein. Der Anspruch auf Lohnfortzahlung geht dann auf die Krankenkasse über, die diesen beim Arbeitgeber geltend macht (§ 115 SGB X). Doch bis es soweit ist, vergehen oft Wochen oder gar Monate – eine Zeit, in der die Betroffenen ohne jedes Einkommen dastehen.
Fazit: Existenzdruck statt Fürsorge
Zaras Umgang mit kranken Mitarbeitern wirft schwerwiegende Fragen auf – arbeitsrechtlich, moralisch und möglicherweise auch strafrechtlich. Statt sozialer Verantwortung erleben viele Beschäftigte Existenzdruck, fehlende Kommunikation und fragwürdige Vorgänge, die bis zur angeblichen Barzahlung nicht ausgehändigter Gehälter reichen. Sollte sich dieses Vorgehen weiter bestätigen, drohen dem Modekonzern nicht nur ein schwerer Reputationsverlust – sondern auch rechtliche Folgen. Die Frage ist nicht mehr, ob gehandelt werden muss, sondern wann.